Das Wir vor dem Ich: Wie Teamwork gelingt

Allein erfolgreich sein war gestern, Teamarbeit ist das Gebot der Stunde – Corona hin oder her. Aber Teamwork ist weit mehr als das Arbeiten an gemeinsamen Aufgaben. Es ist vor allem eines, eine Einstellungssache.

Dieser Artikel ist in der Südtiroler Wirtschaftszeitung vom 20. November 2020 erschienen.

Gefühlt hat die momentane Situation so gut wie jede Form von Teamwork drastisch ausgebremst. Einige sind ihren Teammitgliedern seit Monaten nicht mehr persönlich begegnet. Telefon- und Videokonferenzen sind eine annehmbare Alternative, das haben wir inzwischen gelernt, aber nach einiger Zeit des virtuellen Austauschs schwindet so langsam die Lust und der Spirit, der gute Teamarbeit ausmacht. Deshalb ist es umso wichtiger, dem Thema gerade jetzt die volle Aufmerksamkeit zu schenken.

Der Wettbewerbsvorteil

Was ist Teamwork? Haben Sie ihr Team schon mal gefragt, was genau jede und jeder unter Teamwork versteht? Vielleicht ihren Chef? Oder ihre beste Freundin? Jemand mag sagen, Teamwork bedeutet geteilte Arbeit, ein anderer denkt an Austausch und offene Kommunikation, wieder einer könnte sagen, Teamwork ist Inspiration und Motivation. Experten sind sich einig, Teamwork ist vor allem der mitunter wichtigste Wettbewerbsvorteil. Es steigert die Kreativität und die Produktivität, es motiviert und bindet Mitarbeiter langfristig an das Unternehmen. Trotzdem die Arbeit in Teams seit Jahrzehnten unsere Arbeitswelt bestimmt, haben die meisten Organisationen immer noch große Mühe damit, gutes Teamwork wirklich zu leben. Teamwork passiert nicht einfach nur so. Mitarbeiter in Gruppen zusammenzuführen, ihnen ein gemeinsames Projekt zu geben und sie allesamt in einen Meetingraum zu stecken, ist noch lange kein Teamwork. Teamwork ist weit mehr als das Arbeiten an gemeinsamen Aufgaben. Es ist vor allem eines, eine Einstellungssache. Das Wir vor das Ich stellen und aus eins plus eins drei machen, das ist Teamwork. Das bedeutet, dass die einzelnen Teammitglieder ihr persönliches Ego zurücknehmen, die gemeinsamen Ziele vor die eigenen setzen und durch gute Zusammenarbeit mehr erreichen als die Summe der einzelnen Teile. Dabei spielt die Entwicklung des Wir-Gefühls eine ebenso wichtige Rolle wie eine gute Planung und klare Aufgabenverteilung.

Gutes Teamwork beginnt mit der Definition des gemeinsamen Ziels, das von allen Beteiligten angenommen wird. Eine klare Rollen- und Aufgabenverteilung ist eine weitere Voraussetzung für gelungene Teamarbeit. Jeder im Team muss seinen Beitrag und seine Verantwortung kennen und verstehen, wie die verschiedenen individuellen Aufgaben am Ende zu einem großen Ganzen werden. Dabei empfiehlt es sich, die Teammitglieder sorgfältig auszuwählen. Die besten elf Spieler der Welt auf einem Fußballfeld machen bekanntlich noch lange kein Gewinnerteam. Gute Teamarbeit bedeutet, die Stärken jedes Mitgliedes gezielt zu nutzen und sich gegenseitig zu unterstützen, um die individuellen Schwächen in der Gruppe auszugleichen. Erst wenn unterschiedliche Ansätze, Arbeitsweisen und Erfahrungen zusammenkommen und vielfältige Kompetenzen einander ergänzen, können wirklich neue Ideen entstehen und außerordentliche Resultate erzielt werden. Es ist die Vielfalt, die Teams zum Fliegen bringt. Sind eine überlegte Zusammensetzung und Planung geschafft, gilt es, das Wir-Gefühl zu entwickeln. Sobald sich alle Beteiligten zu- und zusammengehörig fühlen, wird aus einer Gruppe von Menschen ein Team. Die grundlegende Voraussetzung dafür ist das gegenseitige Vertrauen. Vertrauen schaffen bedeutet nicht, dass aus Teamkollegen zwingend beste Freunde werden müssen. Vertrauen entsteht durch ehrliches Interesse füreinander und durch Offenheit. Sich eigene Schwächen einzugestehen und ganz offen darüber zu sprechen, ist ein guter Startpunkt. Spricht der Teamleiter beim Kickoff-Meeting nicht nur über Ziele und Erwartungen, sondern auch über Fehler, die er in der Vergangenheit gemacht und daraus gelernt hat, mag ihn das gefühlt unvollkommen und verletzlich erscheinen lassen, doch in Wirklichkeit macht es ihn nahbar. Teammitgliedern fällt es so leichter, ihre Grundvorsicht über Bord zu werfen und zu eigenen Schwächen und Fehlern zu stehen.

Ein häufiger Irrtum in der Teamarbeit ist, dass Teams am besten funktionieren, wenn alle Mitglieder sich möglichst ähnlich und einig sind und alles harmonisch abläuft.

Esther Ausserhofer

Es muss nicht immer harmonisch sein

Wo Vertrauen ist, kann ein offener und konstruktiver Dialog entstehen. Im allgemeinen Verständnis ist das Wort Konflikt ausschließlich negativ behaftet. Dabei kann konstruktiver Konflikt so viel Gutes bewirken. Ein häufiger Irrtum in der Teamarbeit ist, dass Teams am besten funktionieren, wenn alle Mitglieder sich möglichst ähnlich und einig sind und alles harmonisch abläuft. Teams brauchen konstruktive Auseinandersetzungen. Verschiedene auch entgegengesetzte Meinungen dürfen und sollen offen diskutiert werden, dabei muss immer und zu jeder Zeit das gemeinsame Ziel im Fokus stehen und nicht die persönliche Agenda der Einzelnen. Vertrauen fördert konstruktive Diskussionen, und konstruktive Diskussionen führen zu besseren Entscheidungen und schlussendlich zu einem besseren Ergebnis. Ein häufiger Irrtum in der Teamarbeit ist, dass Teams am besten funktionieren, wenn alle Mitglieder sich möglichst ähnlich und einig sind und alles harmonisch abläuft. Erfolgreiche Teams treffen Entscheidungen und stehen dazu. In guter Teamarbeit geht es nicht darum, es jedem recht zu machen. Lösungen, die allen gefallen, sind selten die besten. Alle Beteiligten wissen, dass jede Entscheidung besser ist als keine Entscheidung, und sind in der Lage, gemeinsame Entscheidungen mitzutragen, auch wenn sie vorher mit voller Überzeugung dagegen argumentiert haben. Fehlendes Commitment führt zu Unsicherheit und unklarer Zielsetzung. Die Auswirkung davon kennen wir. Je weiter nach draußen diese fehlende Einigkeit spürbar ist, desto einschneidender sind die Konsequenzen.

Der Wert der Meetings

Funktionierende Teams verbringen viel Zeit zusammen, was nicht bedeutet, dass Teammitglieder ständig und zu jeder Zeit zusammensitzen und -arbeiten müssen. Vielmehr bedeutet es, dass Teams regelmäßige Treffen brauchen, um das meiste aus der gemeinsamen Arbeit rauszuholen. Meetings mögen manchmal als unnötige Zeitfresser erscheinen, wenn gut vorbereitet und strukturiert abgehalten, steigern sie nachweisbar die Effizienz und sparen schlussendlich wertvolle Zeit. Sie ermöglichen ein effektives Reporting und schaffen Vertrauen. Sie ermöglichen einen besseren Überblick über die Tätigkeiten und Ergebnisse aller Beteiligten, reduzieren das Risiko von überlappender und doppelter Arbeit und bieten Gelegenheit, sich einzubringen oder, wenn notwendig, um Hilfe zu bitten. Meetings bieten vor allem auch die Möglichkeit zum gegenseitigen Feedback. Dies sollte durchaus nicht nur die Aufgabe des Teamleiters sein. Vielmehr ist es ein wichtiges Instrument für den gemeinsamen Erfolg, sich gegenseitig auf Schwierigkeiten hinzuweisen und frühzeitig reagieren zu können. Es mag sich unangenehm anfühlen, da es meist das Gefühl vermittelt, sich in Angelegenheiten anderer einzumischen. Man tendiert dazu, Versäumnisse anderer Teammitglieder nicht offen anzusprechen, um die Harmonie im Team zu wahren. Was in Wirklichkeit passiert, ist genau das Gegenteil. Man ärgert sich trotzdem, und meist bleibt ein Unmut hängen, der tiefe Gräben aufreißen kann und nicht selten zu wirklichen Auseinandersetzungen und in jedem Fall zu schlechterer Performance des gesamten Teams führt. Der vielbesagte Gruppenzwang ist in diesem Fall ein sehr effektives Mittel, um den Leistungsstandard des Teams kontinuierlich hoch zu halten. Wirkliche Teamplayer wollen andere nicht hängen lassen und lassen sich durch konstruktives und respektvolles Feedback ihrer vertrauten Kollegen durchaus anspornen und zu mehr motivieren.

Acht Mitglieder für ein Team

Noch ein Hinweis zum Abschluss: Die Literatur rund um Teamwork ist sich einig, dass ein Team nicht viel mehr als acht Mitglieder haben sollte. Sind es mehr, wird der Austausch und die Kommunikation zunehmend schwieriger, Gruppenbildung entsteht, Mitglieder fühlen sich weniger zugehörig, und das Risiko, einen „sozialen Faulpelz“ im Team zu haben, steigt – in der Wissenschaft bekannt als Ringelmann-Effekt (interessantes Experiment zum Nachlesen). Fazit: Die Produktivität sinkt. Teamwork ist schon heute und vor allem morgen der wichtigste Wettbewerbsvorteil. Teamwork steigert die Leistung, indem es unterschiedlichste Stärken bündelt und damit die Innovationskraft und die Umsetzungsstärke erhöht. Es festigt die Loyalität, weil sich Mitarbeiter zugehörig fühlen, und motiviert die neuen Generationen im Besonderen, die sich Feedback und Austausch erwarten und die berühmte Extrameile nicht mehr für Geld und Anerkennung gehen.

Deshalb mein Aufruf an alle Unternehmer, Manager und an jene, die es werden möchten: Machen Sie Teamwork zu ihrer Toppriorität! Die langfristigen Erfolge werden es Ihnen danken.

Nicht nur für die großen Firmen

Klingt alles gut, aber betreff en Traineeships nicht ohnehin nur die großen Unternehmen? „Nicht wirklich“, erklärt Dorotea Mader. „Das Entscheidende ist, dass das Unternehmen gesund ist und ein entsprechendes Programm an den Wachstumstrend gebunden wird.“ Anders gesagt: Wer in der Regel zwei neue Mitarbeiter:innen pro Jahr einstellt, wird nicht plötzlich zehn Trainees brauchen. In kleinen Unternehmen seien die Profi le meist allgemein breiter aufgestellt“, ergänzt Alexandra Leitner von Loacker. „Ein Mitarbeiter, der mehrere Bereiche gesehen hat, ist für Firmen in jeder Größe eine Bereicherung! Unabhängig von der Größe, sagt Leitner, sei eines besonders wichtig: „Trainees müssen eingebunden und ernst genommen werden! Wenn sie an die Kopiermaschine gestellt werden, ist das Programm zum Scheitern verurteilt.“